Es ist der Tag des Schilfs, der Schlange und der Wasserlilie.
Wir gehen zu einem See, der nicht mehr lange ein See sein wird, denn sein Boden wächst der Wasseroberfläche entgegen. Tief und klar genug zum Baden ist der See aber noch, das scheinen die alten Frauen des angrenzenden Dorfes genau zu wissen. Mit hundertjährigem Katholizismus und Gicht in den Gelenken und nichts als ihrem Badeanzug am Leib wackeln sie die Dorfstraße entlang zum Wasser.
Wir liegen an einem Steg und hören zu. Was die erwähnte Generation ja sehr gern macht ist schwimmen und gleichzeitig reden. So auch hier die badenden Damen. Sie redem vom Hans, der einen Schlaganfall hatte und jetzt halb tot ist. Von der letzten Beerdigung, die irgendjemand nicht angemessen ausgerichtet hat, was eine Schande ist. Von dem anderen Hans, der eine Affäre im Nachbardorf hatte, aus der ein Kind hervorgegangen ist und das Kind ist jetzt eine erwachsene Frau und macht irgendwas.
Dann sind die beiden genug geschwommen und steigen aus dem Wasser und wanken zu ihren Häusern zurück. Ohne Handtuch. So heiß ist es heute.
Am See ist es jetzt still, wir liegen auf den morschen Stegbrettern, das Schilf rauscht im sachten Wind. Nach einer Weile packen wir zusammen und fahren zum Fluss. Am Fluss weht mehr Wind, das Wasser ist kälter und genau richtig, eine kleine schwarze Schlange schwimmt vorbei, die Kiefern am sandigen Ufer riechen nach Kiefer. Sonst ist nichts. Die Schlange und eine kurze Aufregung darum ist alles, was der Tag an Adrenalin zu bieten hat.