Elf
Zwei Jahre habe ich die provisorische Homeofficesituation ausgesessen bis mir nun langsam klar wird, wie ich die zur Vermehrung neigende Technik feierabendkompatibel verräumen und am andern Tag mit wenig Aufwand aufbauen kann. Es haben sich Geräte und gadgets angesammelt, aber kein Arbeitszimmer, in dem sie unauffällig auf mich warten könnten.
Im Ofen brennt jetzt jeden Tag ein Feuer. In die Glut schauen und synchron zur Freude darüber an andere Städte und Menschen denken. Diese zufällige Sicherheit. Wäre man nur 2-3 Länder weiter oder 3-4 Jahrzehnte früher geboren, die eigene Belastung, mit der man sich aktuell trägt, schiene erstrebenswert und leicht im Vergleich.
Ich höre, wie solche und ähnliche Sätze auch gesprochen werden, um persönliche komplizierte Gefühle mit einer Hand vom Tisch zu wischen. Der Verweis auf das akutere Leid anderswo. Ich betrachte diesen Verweis neben seiner einordnenden Funktion privater Umstände auch als Flucht ins Unendliche. Als eine Überholspur, um an der konkreten eigenen Situation vorbeizuziehen. Ich kenne von mir diese Überforderung und den daraus resultierenden Aktionismus/Verweis auf dringendere Angelegenheiten und weiß, dass ich diese Tendenz zähmen muss, um hilfreich zu sein. Dass es meine Konzentration und Auseinandersetzung mit dem Konkreten braucht, um das Machbare zu tun, für mich und für andere.
Ich habe jetzt eine Wintersporthose, die warm genug ist, mir Lust auf fallende Temperaturen zu machen. Es war ein weiter Weg, der nicht aufgrund mangelnder Bereitschaft meinerseits lang wurde. Auch die jetzt erstandene Hose ist optisch nicht ganz aus dem Skizirkus raus, hält sich aber zumindest zurück, nur am Bein reflektiert eine Naht und ein unnötiger Schriftzug auf Höhe des Oberschenkels könnte mich ärgern. Ich tue so, als sei er nicht da.
Der letzte Tag im alten Arbeitsgebäude. Das brutalistische Treppenhaus, dessen Betonstille mich oft beruhigt hat, während ich in den vierten Stock rauf stieg, wird eingerissen und niemanden mehr durch sanftes Grau geleiten. Das Moos des Dachgartens in seiner Neonleuchtkraft glüht noch nach in meinen Gedanken.