Immer wenn ich denke, die Pfingstrose habe ihre maximale Öffnung erreicht, geht sie eine Stufe weiter. Ich weiß nicht, wie sie das aushält. Diese Ausdehnung, Auffaltung, das totale Exponiertsein.

Gestern war der Mond ein Ei. Ich folge ihm und seinen Formen; den verbeulten, halbfertigen, zurück gehenden. In meinem Gedächtnisspeicher habe ich ein Mond-Depot angelegt. Darin archiviert sind käsegelbe Vollmonde über Fichtenwäldern und bleich rosa Dreiviertelmonde über klirrend kalten Schneefeldern. Einige der Monde hängen an Hochhäusern, mehrere sinnliche Sicheln vor pflaumenblauen Abendhimmeln. Und es gibt auch, besonders gut verwahrt, einen an Bergzacken entlang schrammenden rötlichen Giganten.

Allerdings, der vielleicht wichtigste Archivmond befand sich vor einem Jahr in der französischen Provinz. Es hatte unter den Freunden den ganzen Tag über unterschiedliche Aussagen und Einschätzungen dazu gegeben, wann genau der Mond über diesem Dorf aufgehen würde. Eine Stunde harrten wir zu Neunt an der warmen Hauswand, um in der Sekunde des Aufgangs da zu sein. Wir waren da. Und schrien vor Glück, als er hochging.

Wasserfall. In einer der grünen eisigen Gumpen baden wir. Es presst einem die Luft aus der Lunge. Es existiert in solchen Gumpen kein Gedanke. Sensorisch eine einzige Überforderung.