Der Mond heute ist eine weißgraue Marmorscheibe. Ich stehe unter ihm und will seine Herkunft in mich hineinschlürfen.

Im letzten Winter habe ich die fiktionale Nasa-Serie “For all mankind” gesehen. Die zweite Staffel ist draußen, aber ich spare sie auf für die kalte Jahreszeit. Ich kann nicht drinnen sein und den Mond auf meinem Laptop anschauen, während er in echt draußen hängt und es Sommer ist und alles schreit und krümmt sich: Ja
Die blauviolette Bergkette unter der Marmorscheibe. Das gemähte Heu, liegen gelassen zum Trocknen.

Am Montag bekomme ich Bescheid, dass bereits Ende der Woche mein ‘Ukraineeinsatz’ in der Behörde beendet ist. Es geht alles sehr schnell. Danke, Blumen, eine Runde, um mich zu verabschieden von diesem Haus der eAkten und Geflohenen. Ich gehe zurück in meine Institution.

Der kranke Freund ist jetzt in Lebensgefahr. Ich laufe über die Felder und winde mich unter der Machtlosigkeit, nichts tun zu können. In meinen Knochen steckt ein robuster Größenwahn, der anspringt, wenn sich Gelegenheit bietet. Ich bin überzeugt, wenn ich mich anstrenge, finde ich einen Weg, ich finde ein Wort, eine Tat, einen Satz und der Freund wird bleiben und nicht so früh gehen.
Er nüchtert aus, dieser mein Größenwahn, seit ein paar Jahren nüchtert er aus. Er ist nur noch ein halbstarker Wahn – aber er ist noch da und kämpft.

Ich glaube, dass wir Menschen uns gegenseitig retten können. Aber nicht jeder jeden. Und nicht oft. Und nicht umfassend. Vielleicht können wir punktuell einen anderen retten. An einer Stelle auf seinem Zeitstrang.

Eine Freundin war im Kloster und hat dieses Bild gemacht. Ich sehe sie sitzen in dieser Kammer vor einer Kammer. Und möglicherweise ist hinter ihr noch eine Kammer und sie musste viele durchschreiten, um fast bis ins Innerste vorzudringen. Dann denke ich an Jesus, wie er seinen bevorstehenden Tod ahnt und sagt, er wird drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde sein.

Immer will ich sie vermeiden, meine Ohnmacht. Trotzdem wird sie es sein, die mich in meine innerste Kammer führt.

Und daneben Sommer. Ein Kofferraum voll Melonen. Grashüpfer in der hohlen Hand fangen. Nichts lesen oder lernen, weil zu jeder Tageszeit die Sinne in die Natur hinein aufgespannt sind und auch nachts beim kurz Wachwerden und Umdrehen in den Laken die Vogellaute und der Wind mich wecken, wecken, wecken, rufen.