Am zweiten Morgen nach Weihnachten bin ich endlich ausgeschlafen genug, um vormittags aufzustehen, mich anzuziehen und rauszugehen in dieses umfassende Weiß; blendend und von allen Seiten gleichzeitig. Das Weiß der Berge, das Weiß der ausgeleuchteten Wolkendecke, das Weiß des kristallinen Bodens, die ineinander übergehenden Lagen von Licht. Darin bin ich auf weiter Fläche der einzig dunkle Punkt in meiner Jacke.

Ich treffe ein paar Leute aus der Zenschule, wir spielen Brettspiele, es könnte harmloser nicht sein. Ich konkurriere gern, wenn es um nichts Wesentliches geht. Die Küche ist eng und eignet sich, um in der Pause einen anwesenden Mittelschullehrer nach Details aus seinem Berufsalltag zu fragen. Manchmal wird er wütend. Dann macht er am nächsten Tag einen Stuhlkreis und sagt: Gestern war ich wütend auf euch. War ich dabei ungerecht? Habe ich euch verletzt?

Mehrmals geht in dieser Woche zwischen den Jahren die Sonne glutrot auf und unter, mehrmals stehe ich in einer klirrend kalten Nacht unter dem schwarzen Himmel. Die Anordnung der Gestirne oben, der alte massive Boden unten, die in mir stattfindende und sich verkörpernde Zeit. Nach einer Woche Nichtstun stellt sich eine untergründige Ruhe ein. Ich kann fühlen, was in mir aufsteigt, eine Welle macht, brandet und verebbt. An Silvester habe ich nichts vor. Ich plane, die Nacht mit einer Tüte Chips und Science Fiction im Bett zu verbringen. Doch dann meldet sich Stella und wir treffen uns in einem beheizten Zelt im Park, wo eine talentierte Frau auflegt, zu deren Musik wir fünf Stunden tanzen, allein, zu zweit und mit allen, die sich dazugesellen. Es ist so einfach auf diese kopflose Art etwas zu teilen, sich zu verbünden für eine Nacht. Hinterher sitze ich an einer der Feuerschalen vor dem Zelt. Ein Mädchen legt immer wieder Holzscheite nach, die Flammen hoch und heiß.